Nur regelmässige Datensicherung schützt vor Verlusten
Anlässlich des 13. Jahrestags des Tschernobyl-Unglücks schlug der CIH-Virus zu und löschte Festplatten und Flash-BIOSse en Masse. Tausende von Computeranwendern weltweit standen plötzlich vor dem Nichts. Dabei hätte es gar nicht so viel Mühe gemacht, sich durch gelegentliche Datensicherung vor dem Daten-GAU zu schützen.
Es muss nicht unbedingt ein verheerender Virus wie CIH am Werke sein, damit wichtige Daten verlorengehen. Hand aufs Herz: Wer hat noch niemals eine Datei versehentlich gelöscht, die er doch noch gebraucht hätte ? Obwohl sich moderne Software grosse Mühe gibt, den Anwender vor Schaden zu bewahren, ist der Faktor "menschliches Versagen" nicht zu unterschätzen. An Nachfragen wie "Datei vor dem Verlassen speichern ?" kann man sich nämlich leicht gewöhnen, und nur allzu schnell ist die ganz andere Frage "Vorhandene Datei wirklich überschreiben ?" aus Ver-sehen ebenfalls mit einem ungeduldigen "Ja doch !" beantwortet.
Noch heimtückischer sind schleichende Datenverluste: Bei einem Windows-Absturz kommt es gelegentlich zu einer Inkonsistenz im Dateisystem, die wahllos irgendwelche Dateien in Mitleidenschaft zieht. Das kann auch solche erwischen, die zum betreffenden Zeitpunkt überhaupt nicht in Bearbeitung waren. Probleme schlum-mern manchmal für lange Zeit unentdeckt auf der Festplatte und kommen unverhofft zum Vorschein, wenn man auf Daten zurückgreifen will, die man lange Zeit keines Blickes gewürdigt hat. Die Kalkula-tion für die Steuererklärung des Vorjahres kann ein halbes Jahr lang defekt auf der Platte herumliegen, ehe man anlässlich der nächsten den Verlust bemerkt.
Nicht zuletzt gibt es die richtig grossen Katastrophen. Obwohl Festplatten normalerweise sehr zuverlässig arbeiten und jahrelang halten, sind sie nicht unsterblich. Ein Rempler gegen das PC-Gehäuse oder auch nur dummes Pech, und die Früchte monatelanger Arbeit sind dahin. Den unbequemen Gedanken an den Plattencrash schieben viele Anwender genauso gern zur Seite wie die Vorstellung, einen Autounfall erleiden zu können.
Versicherung
Gegen materielle Schäden durch Unfälle kann man sich versichern. Gegen immaterielle Schäden durch Datenverluste hilft nur eines: regelmässige Datensiche-rung, neudeutsch Backup. Bei der Überlegung, wie man sich am besten vor Datenverlusten schützt, sollte man stets an das Schlimmste denken. Denn das Schicksal ist erfinderisch: Wann immer etwas schiefgehen kann, wird es auch schiefgehen - diese Weisheit ist als Murphys Gesetz nicht nur Compu-teranwendern bekannt. Zur erfolgreichen Datensicherung gehört folglich eine gehörige Portion Miss-trauen: Sind die Daten auch wirklich fehlerfrei auf dem Backup-Medium gelandet ? Wird sich das Ba-ckup-Medium auch tatsächlich später wieder lesen lassen ? Was, wenn genau in dem Moment die Festplatte kaputtgeht, in dem das Backup läuft ?
Schutz nach Mass
Als erstes ist jedoch einmal die Entscheidung zu tref-fen, welche Daten eigentlich zu sichern sind. Wie bei jeder Versicherung gilt es dabei einen Kompro-miss zwischen den Kosten in Form von Arbeitszeit und Speichermedien und der damit erzielten Si-cherheit zu finden. Idealerweise hat man jederzeit eine vollständige Sicherungskopie seiner gesamten Festplatte parat, von der man ihren Inhalt im Katastrophenfalle blitzschnell wiederherstellen kann. Doch das kann angesichts der heutigen Festplattengrössen nicht nur teuer werden, sondern kostet auch eine Menge Zeit - oder Geld, wenn man den schnellsten erhältlichen Streamer einsetzt.
Das andere Extrem ist, nur das Allerwichtigste zu sichern, also sich auf diejenigen Dateien zu beschränken, in denen viel eigene Arbeit steckt. Dafür genügt in vielen Fällen sogar das gute alte Diskettenlaufwerk. Wenn man viel Arbeit in einen Text, eine Tabelle oder eine Präsentation gesteckt hat, sollte es das Mindeste sein, am Abend das Tagewerk auf eine Diskette, ein Wechselplattenlaufwerk oder über das Netzwerk auf einen anderen Rechner zu kopieren.
Wenn dann die Festplatte ihren Geist aufgibt, wird es zwar eine Menge Arbeit machen, das Betriebssystem und alle Anwendungen wieder neu zu installieren. All die individuellen Anpassungen, die man im Laufe der Zeit an Anwendungen und Ober-fläche vorgenommen hat, werden nicht mehr da sein. Doch das Wesentliche, nämlich die selbst erar-beiteten Inhalte, sind in Sicherheit.
Redundanz mit System
Ein systematisches Backup bedeutet mehr als einfach nur irgendwo eine Kopie zu haben. Wenn man nämlich wichtige Daten immer wieder nur auf denselben Datenträger kopiert, kann es blitzschnell passieren, dass man dabei die einzige noch intak-te Kopie durch eine defekte Datei überschreibt. Es empfiehlt sich also, abwechselnd auf mindestens zwei verschiedene Datenträger beziehungsweise Sätze von Datenträgern zu sichern - je mehr desto besser. Wenn eine Datei irgendwann einmal unbemerkt verfälscht wurde, sei es durch einen Dateisys-temfehler, ein wildgewordenes Programm oder eine Virusinfektion, dann ist es Gold wert, auf ein älte-res Backup zurückgreifen zu können, in dem sie noch intakt ist.
Diese Überlegung macht übri-gens die CD-R als Backup-Medium interessant. Da sie sich nur einmal beschreiben lässt, kommt man gar nicht erst in Versuchung, ein älteres Backup durch ein neueres zu überschreiben. Abgesehen von Platzproblemen gibt es keinen Grund, eine Backup-CD-R jemals wegzuwerfen, solange sie noch les-bar ist. Man kann nie wissen, ob man sie nicht vielleicht doch noch einmal gebrauchen kann.
Damit ein Backup im entscheidenden Moment nicht selbst Schaden nimmt, muss es im "Normalbe-trieb" möglichst unzugänglich sein. Eine Sicherungskopie in ein anderes Verzeichnis auf derselben Festplatte bietet beispielsweise nur minimalen Schutz, denn Viren, versehentliche Formatierung oder gar ein Festplattendefekt können die Kopie genauso leicht betreffen wie das Original. Produkte wie DataKeeper von PowerQuest, die Dateien im Hintergrund periodisch überwachen und bei Veränderun-gen kopieren, haben zwar ihre Existenzberechtigung, um versehentliche Änderungen zurücknehmen zu können, ersetzen aber kein Backup.
Eine ständige "Spiegelung" einer Festplatte auf eine zweite, wie sie diverse Hard- und Softwarelösungen ermöglichen, hat mit Backup ebenfalls nichts zu tun. All die durch Software oder menschliches Versagen verursachten Fehler dupliziert sie nämlich ebenfalls sofort. Eine Plattenspiegelung kann also ein Backup nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen, um ein kritisches System auch bei dem relativ unwahrscheinlichen Ausfall einer Festplatte am Laufen zu halten.
Ein echtes Backup gehört auf eine Wechselplatte oder ein Band, das sich nach seiner Fertigstellung aus dem Laufwerk nehmen und mit einem Schreibschutz versehen lässt. Idealerweise lagert man es auch nicht direkt beim Rechner, denn auch durch Diebstahl oder Feuer können Daten verlorengehen.
Bei allem Sicherungseifer darf man eine Selbstverständlichkeit auf keinen Fall aus den Augen verlieren: Ein Backup nützt nur, wenn es sich im entscheidenden Moment auch tat-sächlich wiederherstellen lässt. Selbst die sorgfältigst ausgeklügelte Backup-Strategie mit einem ei-genen Band für jeden Wochentag und drei Generationen nützt nichts, wenn sich erst im Katastrophenfall herausstellt, dass das Bandlaufwerk defekt ist und nur Müll geschrieben hat oder die Restore-Software abstürzt.
Generalprobe
Bei der ersten Inbetriebnahme einer Backup-Lösung ist es also wichtig, den Ernstfall zu proben. Dazu kann man beispielsweise ein Backup auf einer anderen Festplatte, Partition oder notfalls in einem anderen Verzeichnis wiederherstellen und mit dem Original vergleichen. Auf keinen Fall darf man so blauäugig sein, das Backup einfach über die Originaldaten zu restaurieren. Wenn dabei nämlich etwas schiefgeht, weiss man nicht nur, dass das Backup nichts taugt, sondern ist unter Umständen auch noch seine Daten los.
Die Generalprobe einer tatsächli-chen Restauration muss natürlich nicht bei jedem Backup sein, sollte jedoch von Zeit zu Zeit wieder-holt werden, insbesondere, wenn sich an der Hardware oder gar der Backup-Software irgend etwas verändert hat. Im Alltagsgebrauch sollte man jedoch auf keinen Fall darauf verzichten, nach jedem Backup die gesicherten Daten penibel mit dem Original zu vergleichen. Dabei geht es nicht nur darum, ob das Backup-Medium irgendwie lesbar ist, sondern darum, sicherzustellen, dass die Daten den Weg von der Festplatte über das Kabel in den Hauptspeicher und von dort aus auf das Backup-Medium absolut unverfälscht überstanden haben. Jede Backup-Software, die diesen Namen verdient, bietet eine entsprechende Vergleichsmöglichkeit an.
Einfache Packprogramme wie Zip, RAR und Co. scheiden übrigens als verlässliche Backup-Lösung aus, weil ihnen eben diese Vergleichsmöglich-keit fehlt. Sie können zwar die Integrität des Archivs an Hand von CRC-Prüfsummen testen, jedoch sagt das ungünstigstenfalls nur aus, dass fehlerhafte Daten fehlerlos komprimiert wurden.
Von den Tausenden von Dateien, die sich auf der Festplatte eines typischen PC tummeln, ändern sich normalerweise im Laufe der Zeit nur relativ wenige. Das Betriebssystem sowie die installierten Anwen-dungen nehmen typischerweise den Grossteil des Platzes ein und bleiben über lange Zeit gleich. Statt jedes Mal ein zeit- und platzaufwendiges Backup der gesamten Festplatte anzufertigen, bietet es sich an, jeweils nur die geänderten Dateien zu sichern. Um ein solches "inkrementelles" Backup zu erleichtern, speichern Windows, DOS und OS/2 zu jeder Datei ein Archivbit, das sie bei jeder Änderung einer Datei setzen. Bei einem Voll-Backup löscht die Backup-Software die Archivbits aller gesicherten Da-teien. Um später ein inkrementelles Backup durchzuführen, braucht sie nur die Dateien mit gesetztem Archivbit zu berücksichtigen. Unter Unix und MacOS lässt sich derselbe Effekt erzielen, indem man einfach nur Dateien sichert, deren Änderungsdatum nach dem Datum der letzten Sicherung liegt.
Wie oft man Voll- und wie oft inkrementelle Backups von welchen Datenbeständen macht, sollte man in einer individuellen Backup-Strategie festlegen. Inkrementelle Backups benötigen zwar wenig Platz, jedoch muss man im Falle eines Falles das Voll-Backup und sämtliche inkrementellen Backups der Reihe nach restaurieren, um den letzten Zustand der gesicherten Daten wiederherzustellen. Je grösser die Anzahl dieser Backups, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass dabei irgendetwas schiefgeht.
Die Frage nach der richtigen Backup-Strategie beginnt für den Backup-Neuling aber weiter vorn, nämlich bei der Wahl des Speichermediums. Wer bereits ein Wechselplattenlaufwerk be-sitzt, sollte sich angewöhnen, es auch für Backups einzusetzen. CD-Writer haben das Zeug dazu, das Backup-Medium der Zukunft für Privatanwender zu werden, denn sie lassen sich vielfältig einsetzen, und die Medien sind spottbillig. Momentan stecken die Backup-Lösungen für CD-R aber noch in den Kinderschuhen.
Wohin damit ?
Die klassischen Backup-Geräte sind Bandlaufwerke, so-genannte Streamer. Sie bieten eine relativ hohe Kapazität bei günstigen Medienpreisen (pro GByte gerechnet), konnten jedoch mit dem Preisverfall der Festplatten in den letzten Jahren nicht recht mit-halten. Die wenigsten Privatanwender werden einsehen, 1000 Franken oder mehr für einen vernünftigen Streamer auszugeben, der ihre nur 300 Franken teure Festplatte in einem Rutsch sichern kann, zumal er für kaum eine andere Anwendung als fürs Backup taugt. Streamer sind daher eher für den profes-sionellen Einsatz interessant.
Bei der Wahl eines Wechselplattenlaufwerks für Backup-Zwecke ist es wünschenswert, dass die üblicherweise zu sichernde Datenmenge auf ein einziges Medium passt. So kann der Rechner die lästige Backup-Pflicht unbeaufsichtigt in einer Arbeitspause oder über Nacht erledigen. Wenn man auf das Backup warten muss, weil es etwa nicht auf ein Medium passt, spielt die Geschwindigkeit des Laufwerks eine Rolle.
Wenn Wechselplatte, Medien, guter Wille und eine Backup-Strategie vorhanden sind, fehlt nur noch die passende Software.